Donnerstag, 27. November 2008

Die Architektin Gesine Marquardt wird für Ihre Arbeit über "demenzfreundliche" Pflegeheime ausgezeichnet

Norbert Lammert, der Schirmherr des Deutschen Studienpreises, hat am Mittag in der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft die drei Preisträger des "Deutschen Studienpreises" bekanntgegeben. Die Körber-Stiftung vergibt diesen Preis jährlich für exzellente Dissertationen, die zugleich von besonderer gesellschaftlicher Bedeutung sind. In diesem Jahr geht einer der Preise, die mit jeweils 30.000 Euro dotiert sind, an die Architektin Dr. Gesine Marquardt von der Technischen Universität Dresden.

Ein bisschen Kritik an ihrem eigenen Berufsstand konnte sich Gesine Marquardt letztes Jahr - bei der Vorstellung ihrer Arbeit über "demenzfreundliche" Architektur - nicht verkneifen. "Mit modernen Griffleisten einer Multifunktionsküche können viele Demenzerkrankte überhaupt nichts anfangen - drückt man ihnen aber einen Kartoffelschäler in die Hand, wissen sie sofort damit umzugehen. Diese einleuchtende Erkenntnis wurde bei der Einrichtung der Patientenzimmer, beispielsweise mit den vertrauten Tapeten, auch schon berücksichtigt. Und dann bauen wir den Patienten ein hypermodernes Gebäude in einer Architektur, mit der sie nichts anfangen können? Bei den Möbeln sollte das Denken doch nicht aufhören!"

Aus ihren Ergebnissen hatte die Wissenschaftlerin einen Kriterienkatalog mit Umsetzungsempfehlungen erstellt. Was die Fragestellung der Studie betrifft, erklärte Gesine Marquardt, so seien die Forscher eigentlich angetreten, um das bisherige Erfahrungswissen der Bauherren und Architekten empirisch zu untermauern. Über die Ergebnisse waren die Wissenschaftler dann erst einmal selbst erstaunt: nicht die offenen Formen wie etwa ein zentrales Atrium waren es, die den Demenzerkrankten die Orientierung leicht machten, sondern möglichst eindimensionale Strukturen, die man mit möglichst wenig Richtungswechseln ablaufen kann.

Die medizinische Interpretation der Ergebnisse lieferten schließlich magnetresonanztomografische Untersuchungen der Medizinischen Fakultät und des Dresdner Universitätsklinikums. Die Arbeitsgruppe von der Psychiaterin Prof. Vjera Holthoff analysierte in Kooperation mit der Abteilung für Neuroradiologie um Professor Rüdiger von Kummer die Gehirnaktivität von Alzheimerpatienten beim Erinnern und Vorstellen räumlicher Strukturen, beim Erinnern von Bildern und Szenen. Die Verknüpfung der dazu notwendigen Teilinformationen fällt den Patienten mit Alzheimerdemenz deshalb so schwer, weil die dazu notwendigen Hirnstrukturen durch die Erkrankung beeinträchtigt sind, so dass nur weniger komplexe Erkennensvorgänge für die Patienten möglich sind. Daher liegt es nahe, dass sich diese Patienten an einfache räumliche Strukturen, die den Überblick gestatten und gedanklichen Halt zulassen, erinnern werden.

Artikel auf der offiziellen Webseite des Deutschen Studienpreises